01.11.1939: Mein geliebtes Blättchen (Leni)
Ich bin hin und weg: Euch scheint das Wuschelvieh ebenso gut zu gefallen wie mir. Ich werde es, Christines Vorschlag folgend, Lolo nennen. Wild hat das Monster gegen den Namen „Herr Schleimbeutel“ protestiert und wurde anschließend auch nicht zum Superhelden Staticman. Obwohl ich mich wirklich gefreut hätte! Das Buch bekommt also Christine. Interessante Hinweise auf eine türkise Monster-Version kamen von Marina und einer weiteren Christine. Letztere sogar eins zum Kaufen gefunden und bekommt deshalb auch ein Buch (nämlich „Kein Ort für Fremde“ von Ruth Rendell, gebrauchte Version).
Heute habe ich keine Lust auf Buchverlosung. Solltet Ihr trotzdem eins haben wollen, biete ich Euch „Horst go Home“ von – darauf kommt Ihr nie! – Tine Wittler. Und sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.* Eine Frage müsst Ihr dafür nicht beantworten. Auch nicht, wie lang eine Schreibstunde ist. Echt nicht. Auch nicht bis morgen um 12.
Dies ist übrigens der letzte Liebesbrief. Als nächstes kommen wieder Nachkriegsberichte.
N., den 1. Nov. 39
Mein geliebtes Blättchen!
Soeben habe ich die Kinder mit Edith erstmal an die frische Luft befördert und dann kommt anschließend immer meine Schreibstunde. Allerdings besteht sie oft nur aus 10 Minuten. –
Unsere Perle Edith hat heute gekündigt, zum 1. Dezember. Halb dachte ich es mir schon, da es ja sehr viele Rackereien in der letzten Zeit gegeben hat. Im Moment geht es wieder etwas besser mit ihr, sie versucht, nicht alles zu vergessen, aber kopflos ist sie im Ganzen doch. Eventuell gehe ich nochmal bei der Mutter vor. –
Vor einigen Tagen ist Grete von Mama an die Luft gesetzt worden, da sie zu Mamsell so frech geworden ist und vorher einfach 3 oder 4 Tage fort geblieben war, ohne etwas von sich hören zu lassen. Bei Edith ist es zum Teil der Grund, daß sie mehr verdienen will, was ich im Grunde ja auch verstehen kann. –
Am Freitag werde ich 903 aus Krakow fahren, über Güstrow. Der Zug hat gleich Anschluß, ich hoffe, daß Du an der Bahn bist. Ich werde eine Karte mit Rückfahrt nehmen. –
Ob sich wohl schon jemand auf die Anzeige gemeldet hat? Ich finde es ja süß, daß Du annonziert hast, nur mit dem Gutshausstand weiß ich nicht so recht, denn es sind ja fast ausschließlich die Kinder zu bedienen, mit Zimmern etc. –
Von Mama soll ich Dir noch sehr danken für Deine Besorgungen, auch für die Kämme. Das Armband und Pfeife ist zwar noch nicht hier. – Morgen arbeite ich mit Dicki im Garten, was sehr gut geht. Wir haben heute Rote Beete ausgebuddelt, Dicki fährt sie in ihrer Schiebkarre und ich in der großen zu Claußen. Baby sieht zu. Sehr bedrückt es mich, daß ich noch nicht an Mutter schrieb, aber jetzt ist es fast zu spät, denn heute wird es nichts mehr und übermorgen bin ich da. –
Wie es wohl mit dem Auto geworden ist? Mein Moll, wie es wohl bei Euch im Geschäft ist? Heute hatte ich von Ruth einen Brief, ihr Mann ist Truppenarzt bei Celle, sie ist mit ihren 3 Kindern in Magdeburg bei ihren Eltern und hat die Wohnung in Kiel zugemacht.
Liebes Menschlein, wir sehen uns bald, ich freu mich sehr. Die Kinder sind süß, Baby geht schon ganz viel. Sei umarmt von Deinen Tiris.
Ich bin schwer enttäuscht. Keine Superhelden in Gesahausen. Dabei hatte ich mir so viel von Herrn Schleimbeutel erwartet. Nur nicht, dass er sich gegen seinen Namen wehrt.
Ja, ich war auch überrascht. Andererseits hat er bei der Erwähnung von „Staticman“ kurz zusammengezuckt, als hätte ich ihn irgendwie ertappt. Ich bleibe dran.