Mustafa schläft

Nach 10 Uhr ging es gestern etwas durchwachsen weiter mit unserem Gastkind. Auf eine Stunde fröhliches Spielen folgte eine halbe Stunde Traurigkeit. Hatte Mustafa anfangs seine Schluchzer noch unterdrückt, schrie er seine Trauer jetzt heraus. Meine Kinder waren zwar darauf vorbereitet, dass er traurig sein würde, aber das war dann doch etwas viel. Kurz nachdem mein Mann zur Arbeit gegangen war, brach Anton zusammen und schrie mit. Schwierige Gesamtsituation, zumal sich beide gegenseitig hochschaukelten. Gottseidank habe ich eine sehr mütterliche Tochter, und so nahm Alma (5) ihren Bruder (4) mit in ihr Zimmer und beruhigte ihn dort.

Er ist der Größte!

Er ist der Größte!

Mustafa hingegen wollte sich so gar nicht beruhigen. Ich hatte das Gefühl, seine Traurigkeit zulassen zu müssen, damit er sie loswird, aber nach einer Stunde schien mir das nicht mehr die beste Option. So trommelte ich die Kinder zum DVD-Gucken zusammen, legte Shaun das Schaf ein und setzte Mustafa hin – auf dem Sofa war er ja schon.

Innerhalb von Minuten saß da ein Kind, das schallend lachte, viel mehr, als es meine Kinder bei einer DVD je tun. (Das könnten sie von ihren Eltern haben …)

Anschließend wurde weiter gespielt, geweint, gespielt, geweint. Anton legte sich um 17 Uhr völlig erschöpft in mein Bett und schlief ein, woraufhin ich das Abendbrot vorverlegte und die Kinder um 18:30 Uhr allesamt ins Bett verfrachtete. Vorgelesen haben wir „Bitte anstellen!“, ein großartiges Buch mit wenig Text, in dem quasi sämtliche Tiere der Welt Schlange stehen. Mustafa hat bei jedem Tier genickt und war sehr konzentriert bei der Sache. Im Bett fing er wieder an zu weinen, beruhigte sich dann aber mit ein bisschen Streicheln und schlief ein.

Bücher landen auf dem zweitbesten Ablenkungsplatz

Bücher landen auf dem zweitbesten Ablenkungsplatz

Um 5 Uhr rief Anton, Mustafa würde weinen. Ich habe ihn dann zu uns ins Bett geholt, wo er sich erst beruhigte, dann aber doch die Traurigkeit durchschlug. Eine Stunde später holte ich die Wimmelbücher, Alma kam und wir sahen sie gemeinsam an. Das ging prima. Das Flugzeugwimmelbuch machte ihn dann wieder etwas traurig. Tja, und plötzlich drehte er sich auf die Seite und schlief ein. Jetzt ist es 10 Uhr, wir wecken ihn mal … Beim Anziehen hat er gerade mit Andi gesprochen. :)

 

Gegessen hat Mustafa eigentlich ganz gut. Zum Mittagessen gab es Kartoffeldreiecke, doch er wollte nicht mitessen. Ich brachte ihm ein kleines Stück, er probierte, fand es gut, wollte aber trotzdem nicht mitkommen. Eine Stunde später hat er dann aber drei Stück verdrückt. Zum Abendbrot aß er Cashews und Weintrauben. Unser Brot – und besonders die Butter – findet er sehr interessant, zum Probieren konnte er sich aber noch nicht durchringen. Er trinkt tatsächlich sehr gerne Fruchtsäfte und probiert sich durch alle vorhandenen Sorten.

Um 16:30 legten die Kinder eine Zwischenmahlzeit mit Nüssen ein und Alma sagte irgendwas auf Paschto, woraufhin Mustafa antwortete und beide lachten. Tja, so ist das, wenn man die Sprache nicht versteht.

Am Freitag wird mit den Eltern telefoniert, darauf bin ich sehr gespannt. Angeblich kann Mustafas Vater sogar Englisch. Vielleicht können wir von ihm noch erfahren, was sie gut gebrauchen können. Ansonsten werden wir Gasteltern sehr gut betreut, wir haben überhaupt nicht das Gefühl, auf uns allein gestellt zu sein. Das ist sehr viel wert!

Zum Abschluss noch eine schöne Anekdote vom Flughafen.

Wir waren mit Mustafa auf dem Weg zum Auto.

Anton: „Mama, Mustafa hat ein Loch!“

Mama: „Ja, im Herz, das stimmt.“

Anton: „Nein! Doch, also ja, aber er hat auch DA ein Loch!“, und zeigt auf den Fuß, durch dessen Socke der große Zeh guckt.

 

Das sollte wohl reichen

Das sollte wohl reichen

Ein Fahrrad kriegen wir wohl auch so organisiert. Jetzt suche ich eine Kommode (mir schwebt so ein halbhoher Malm vor) für Mustafas Klamotten – meine Freundin brachte gestern zwei riesige Taschen vorbei. Nach gründlicher Sichtung dürfte ihm etwa die Hälfte der Kleidung passen. Die kriege ich in Antons Schrank nicht mehr unter! Aber in der Nähe scheint es einige Second-Hand-Malms zu geben. 


Mustafa ist mit der Herzbrücke hier, die ständig Spenden braucht. Eure Flattr-Spenden verwenden wir direkt für Mustafa. Wer Flattr doof findet, bekommt vielleicht später noch eine Möglichkeit für Sachspenden, wenn wir genauer wissen, was Mustafas Familie dringend braucht. Allen, die uns so nett mit Wort und Tat unterstützen, möchte ich an dieser Stelle sehr herzlich danken!

4 Kommentare
  1. Michael sagte:

    Und? Wie findet er Metal? Seine Eltern werden sich doch bestimmt freuen, wenn er neue musikalische Inspirationen mit nach hause bringt.

    • Gesa sagte:

      Er findet Musik generell interessant. Andi hat erwähnt, dass er irgendwas besonders toll fand, ich weiß aber nicht mehr, was das war. Orphaned Land verursachte jedenfalls eher Heimweh, beim Arabischen hat er genau hingehört, obwohl er das ja nicht versteht.

  2. Emma sagte:

    Hallo liebe Gesa,
    ich bin Schülerin und habe als Jahresarbeit „Spenden“ für das Projekt Herzbücke gesammelt.
    nun bin ich auf ihren Blog gestossen und wollte fragen ob ich ihn vielleicht ein paar Fragen stellen kann?
    Ich heisse Emma Kremer und bin 14 Jahre alt.

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