31.10.1939: Mein geliebtes Menschlein! (Leni)

Leni ist noch immer schwanger und wünscht sich das Ende des Krieges herbei.


N. den 31.10.39

Mein geliebtes Menschlein!

Du bist wieder ein ausgezeichneter Erlediger von allen Dingen und ein sehr guter Schreiber, hab sehr vielen Dank, mein Blättchen, für Deinen lieben Brief mit dem Kamm und Fahrplaneinlagen. Wie gräßlich benimmt sich die Krakower Bahn, konntest Du am Fahrkartenschalter keinen Krach machen? Die Mecklenburger sind eine besondere Sorte Menschen. –

An Herta habe ich einen langen Brief geschrieben und sie gebeten, wieder zu kommen, wenn sie nicht zu Hause bleiben muß, nehme ich fast an, daß sie zu uns kommen wird. Die Kisten kannst Du gern am Montag kommen lassen.

Ich werde wohl Freitag kommen. Edith ist heute wieder aus, es ist schon das 3. Mal seit ich hier bin, aber ich muß es so machen, da nachher nicht viel daraus wird. So bin ich noch nicht dazu gekommen, an Mutter einige Zeilen zu schreiben. Den ganzen Vormittag bin ich mit den Kindern draußen und wir (Dicki und ich) haben die beiden letzten Tage im Garten gearbeitet, in dem wir die Wurzeln mit ausgebuddelt haben. Gleich kommt der Gärtner, ich muß eilen. –

Es ist sehr süß, daß Du bei Helene warst, aber ich konnte mir ihre Antwort schon denken und glaube nur ja nicht, wenn andere Ärzte hinzugezogen werden, daß die meine Sache schlimm finden. Die denken nicht daran, etwas zu tun. Mein Menschlein, im Grunde ist es ja auch eine große Freude, nur hatten wir es uns etwas anders gedacht und wird die nächste Zeit und die ersten Jahre nicht ganz leicht sein. Hoffentlich geht der Krieg nur bald zu Ende. Weißt Du schon etwas wegen der Autobenutzung? Deine Reifen haben wir wieder. Der Gärtner ist da.

1000 Liebes mein Blättchen, auch an Mutter Deine Tiris.