22.07.1936: Mein lieber guter Puck! (Leni)

Wer ist eigentlich diese Maria? Es muss eine Freundin von Albrecht sein, jedenfalls ist es nicht Lenis Schwester. Bei dem „Adler“ handelt es sich um ein Auto – leider weiß ich nicht, welches Modell.


N., den 22. Juli 36

Mein lieber guter Puck!

Dein lieber Sonntagsgruss hat mich sehr erfreut und gern hätte ich Dir schon gestern geantwortet, aber augenblicklich ist hier dauernd ein grosser Trubel und man muss seine eignen Wünsche zurückstellen, da die Unternehmungen gemeinsam vor sich gehen. Sehr enttäuscht war ich über Albrecht, ich hatte ihn gebeten, Dich in Hamburg anzurufen oder auch gehofft, dass Ihr Euch sehen würdet. MontagSonntagnacht fuhren er und Götze von hier, sie gingen nämlich garnicht erst zu Bett, und haben den Weg anscheinend ohne Einschlafen bewältigen können. Am Abend rief er an, dass sie am Montag noch um 10 Uhr wieder abfahren würden und des Nachts hier eintreffen. Da Albrecht mit Maria von 7-9 im Kino war, hat er wohl keine Zeit gehabt, Dich anzurufen. Puck, zum Glück sehen wir uns ja schon bald, ich freue mich unbändig, und hoffe, dass Du am Sonnabend nicht so spät kommst, kannst Du das machen, mein Lieb? Eine Einladung bei H’s liegt diesmal nicht vor, da wir am Freitag Donnerstag dort schon eingeladen sind. Freitag fährt Lotty mit den Kindern wieder fort, ich kann nicht sagen, dass ich traurig darüber bin, denn jetzt ist es abscheulich bunt, so niedlich die Kinder sind, kann man das dauernde Getobe und Getose nicht ertragen, da wir letzten Endes immer was neues angeben müssen, um für Unterhaltung zu sorgen. Hermann ist eben mit vollbeladenem Adler in den nächsten Ort gefahren, was ich sehr ungern sehe, zumal er den Wagen eben erst Probe gefahren hat, aber um mal eine Sekunde zum Schreiben zu haben, liess ich sie lieber ziehen.

Mein Puck, was meinst Du, soll ich am Montag mit Dir nach Hamburg fahren? Die Entscheidungen in vielen Dingen rücken jetzt so nah, dass es mir, so glücklich und selig ich bin, doch ganz komisch vorkommt, Dir auch mein Lieb? Schreib bitte mal darüber und vor allem vergiss nicht die Lösung aus Deinem vorletzten Brief mitzuschreiben!

Hoffentlich sagen sich Petersens und Otto nicht zu diesem Sonntag an, wir wären dann wieder so viele, durch die beiden Brautpaare von letztem Sonntag hat man eigentlich noch genug, wenn es alles auch äusserst nett war, und schliesslich angebracht, dass man die Frauen von unseren Verwaltern drüben mal kennen lernt, die eine wird sich sicherlich gut für drüben eignen, die andere macht mehr einen Stadt Eindruck.

Puck, sei nicht bös, dass dies ein so schlechter Brief geworden ist, und so kurz, aber der Gärtner kommt gleich, um dies mitzunehmen.

Wie nett sind übrigens die Bilder von Maria geworden, findest Du nicht auch, ich habe ihr schon durch Albrecht gedankt. Puck, ich freu mich so auf Sonnabend und hole dann alles an Liebe zu Dir nach, was in meinem Briefen so dürftig ausfällt. Jeden Tag denke ich unzählige Male an Dich und wünsche Dich herbei um alles mit Dir zu geniessen, gestern erst habe ich einen Platz ausgesucht, wo wir später mal ein HausXXXX hinbauen müssten, er ist ideal schön.

In Gedanken gebe ich Dir 1000 K. und bin Deine

Lini.

[handschriftl.] Entschuldige das Briefpapier, es liegt so angenehm im Schreibtisch immer zur Hand. [gemeint ist das Geschäftspapier von Papa]


Die näherrückenden Entscheidungen beziehen sich auf die Hochzeit von Leni und Friedrich am 3.10.36. Dass aus dem Plan, ein Haus in die Nähe des Herrenhauses zu bauen, nichts wurde, ist aus heutiger Sicht nicht überraschend. Mich überrascht vielmehr, dass Leni offenbar nicht vorhatte, das Herrenhaus, das mehr als reichlich Platz bietet, zu bewohnen – und sei es nur am Wochenende.