18.06.1936: Mein einziger Puck! (Leni)

Es geht um den Kauf eines Hundes. Spoiler: Er wurde nicht angeschafft.


N., den 18.6.36

Mein einziger Puck!

Zwei liebe Briefe habe ich hier, für die ich Dir beide herzlichst danke, ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich so wenig geschrieben habe, denn ich muss sagen, dass ich Schreibfaul war, denn mein Rücken hätte es schon ertragen, da er seit gestern zum Glück wieder besser ist, ich dachte schon fast, ich würde es zu diesem Wetter Wochenende nicht wieder los werden, aber die Sonne beseitigt den Rest. Mein Lieb, ich bin so froh, dass Du mit der Besprechung bei S. u. E. so zufrieden bist und alles, was Du darüber schreibst, kann ich auch nur finden, dass die Leute ausserordentlich entgegenkommend scheinen. Hoffentlich ist Dein Vorgesetzter dort angenehm, sodass Du nicht unter den Launen und Schikanen dieser Herrn zu leiden hast. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass sie es nicht sind. Wenn ich mir das Ganze überlege, komme ich immer wieder zu dem Ergebnis, dass ich mir diese schnelle Veränderung nicht in meinen kühnsten Träumen vorgestellt habe. Auch die Gehaltsfrage finde ich ausserordentlich befriedigend, sie enthält nicht nur die Zigarettenfrage sondern auch die Miete für 2 Personen. Das erstere wird wohl nach und nach ganz fort fallen.

Ölfinger pfui!

Ölfinger
pfui!

Mein Puck, Deinen Vorschlag, mir den Hund zu schenken, finde ich wonnig und würde mich auch sehr dazu freuen, wenn es nicht einige Abers hätte, die mir W. heute vortrug, denn Albrecht hatte ihm auch schon den Hunden erzählt. Er sagte, diese Rasse sei sehr lebhaft, damit meint er wohlmöglich jagen, obgleich es gar kein Hund für Hochwild ist, und sich auch durch Dressur nicht dazu eignen würde, sondern mehr ein Hühnerhund und eventuell für Hasen. Aber eine Fährte aufzunehmen wie Nicki verstehen diese Hunde nicht. Vorstehhund nannte er solche. Nun wäre das ja auch absolut alles nicht nötig und könnten wir ebenso gut einen Hund haben, der sich nicht für die Jagd eignet, aber ich muss immer denken, sollte er sich das in den Wald laufen wirklich angewöhnen und ihm schwer abzugewöhnen sein, so wäre es ja eine scheussliche Qual für das Tier, wenn man es immer anbinden müsste, oder ihm einen Klotz ans Bein bindet, wie wir es vor einigen Jahren mit einem taten, der auch dauernd in den Wald lief, bis er eines Tages ganz verschwand. Vorher hatte ich ihn schon so oft im Wald angetroffen, weit vom Hof, trotz seines Klotzes, der ihn doch hindern sollte. Ich selbst würde mich riesig über den Hund, noch dazu von Dir geschenkt, freuen und möchte es sehr gern, aber ich weiss nicht, was ich so recht dazu sagen soll. Vielleicht kann man näheres über die Art bei Frau Schramm erfahren, ob die Anlage stark vorhanden ist, auf der anderen Seite möchte ich keinen Hund haben, der dauernd an der Leine liegen muss. Ich finde die Idee so wonnig von Dir und würde mich auch so schrecklich freuen, aber Du darfst nicht böse sein, dass ich Dir diese Bedenken schreibe. Ich überlasse es also ganz Dir, denn ich kann einfach nichts sagen, das Herz ist dafür und der Verstand dagegen.

Mein Lieb, ich bin selig, übermorgen sehen wir uns schon, komm nur nicht so spät, dass wir auch viel von den beiden kurzen Tagen haben. Albrecht kommt morgen mit dem Pferd hier angeritten und bleibt über Sonntag, er geht dann nach Hamburg, glaube ich. Hoffentlich haben wir so schönes Wetter wie die beiden letzten Tage, ich habe die Sonne sehr ausgenutzt.

Mein Lieb, ich muss jetzt leider schnell schliessen, denn dies muss zur Post, sonst hast Du es morgen nicht, ich hatte an Maria einen langen Brief über die Leipziger Schule zu schreiben, was mich sehr aufhielt.

Sei nicht bös, dass es heute so dürftig, und vor allem fehlerhaft geworden ist, ich werde mich jetzt langsam einschreiben. – –

Denkst Du an meine Schuhe, und wenn es keine Umstände macht an meine Uhr?

Es liebt Dich, freut sich und ist unendlich glücklich Deine Leni.


Mal abgesehen von diesen tierquälerischen Maßnahmen, die beschrieben werden (Klotz am Bein?!), musste ich an einer Stelle doch lachen. Leni schreibt: „ich muss immer denken“ – das ist DER typische Satz, den ich mit ihr in Verbindung bringe.